top of page
rok. real estate

Voices by rok. Steffen Mumm – Wie beeinflusst Kunst Räume?

  • info0330143
  • 6. Nov.
  • 5 Min. Lesezeit
Künstler Steffen Mumm in seinem Atelier.

Vom Graffiti zur Galerie – Steffen Mumm hat früh begonnen, Wände zu gestalten. Heute schafft der Düsseldorfer Künstler Arbeiten, die Räume verändern: mal laut und energiegeladen, mal ruhig und fließend. Im Gespräch mit rok erzählt er, wie Kunst Atmosphäre schafft, warum Räume für ihn immer eine Bühne sind und was passiert, wenn Kunst Teil des Alltags wird.


Steffen, du hast mit Graffiti angefangen. Was hat dich damals an der Gestaltung von Wänden fasziniert und was ist davon bis heute geblieben?

Mit dem Sprühen habe ich tatsächlich einfach so angefangen. Es gab ein, zwei Situationen, in denen ich mit Graffiti und der Szene in Berührung gekommen bin – und als Kind hat mich das sofort fasziniert. Es ging damals gar nicht in erster Linie darum, Wände zu bemalen, sondern um das Thema an sich: Farben, Formen, Buchstaben, diese Energie.

Was davon geblieben ist? In all den Jahren hat sich viel verändert. Klassisches Graffiti sprühe ich heute kaum noch, so wie früher in meiner Jugend. Aber die Sprühdose und die Wand als Fläche spielen für mich immer noch eine große Rolle. Mittlerweile arbeite ich aber genauso auf Leinwänden, Skulpturen oder Objekten, und nutze nicht mehr nur Spraydosen, sondern unterschiedlichste Werkzeuge und Techniken.


Wie hat sich dein Stil mit der Zeit verändert – vom öffentlichen Raum hin zur Leinwand und in private Räume?

Stilistisch hat sich über die Jahre extrem viel getan. Ich war schon immer sehr neugierig und brauche Abwechslung. Dadurch habe ich mich mit vielen verschiedenen Themen und Techniken auseinandergesetzt. Irgendwann hat mich nicht mehr nur der klassische Graffiti-Style interessiert, sondern auch ganz andere Ausdrucksformen.

Anfangs habe ich natürlich draußen gesprüht, aber relativ schnell habe ich gemerkt, wie spannend Innenräume sind. Erst bei mir zu Hause im Jugendzimmer, später bei Freunden – und irgendwann kamen die ersten Anfragen. Witzigerweise ging es zu Beginn gar nicht um Leinwände, sondern direkt um Räume. Ich erinnere mich an einen privaten Sammler, der einen sehr bunten Raum wollte. Anstatt ein Bild zu malen, habe ich ihm eine komplette Wand gestaltet.

Und das hat richtig Spaß gemacht. Es fasziniert mich bis heute, wie sehr Kunst einen Raum verändern kann – atmosphärisch, visuell, emotional. Das war für mich ein wichtiger Schritt vom öffentlichen Raum in private und gewerbliche Innenräume.



Wenn du ein neues Werk malst, denkst du dabei schon an den Raum, in dem es später hängen oder stehen wird?

Das kommt darauf an. Es gibt zwei Arten von Arbeiten: Wenn ich direkt eine Wand oder einen Raum gestalte, dann beziehe ich den gesamten Raum bewusst mit ein. Dann frage ich mich: Wie verändert die Arbeit die Atmosphäre? Welche Energie entsteht dadurch? Gerade bei großflächigen Murals merkt man, wie stark Kunst den Charakter eines Raumes bestimmen kann. Sie gibt ihm eine gewisse Aura – das ist bei großen Formaten nochmal etwas anderes als bei kleineren.

Bei Leinwänden ist es ein bisschen anders. Da steht zuerst die Arbeit selbst im Mittelpunkt – die Idee, das Thema, die Komposition. Dabei denke ich nicht unbedingt direkt an den späteren Raum. Aber natürlich freue ich mich, wenn ein Werk am Ende an einem Ort hängt, an dem es wirklich wirkt und mit der Umgebung harmoniert.


Was passiert mit einem Raum, wenn Kunst hinzukommt – was verändert sich für dich spürbar?

Mit Kunst verändert sich das sofort. Farben, Formen, Motive – all das beeinflusst die Stimmung. Ob ein Werk eher düster und ruhig wirkt oder freundlich und hell, hat eine enorme Wirkung auf das Raumgefühl. Das gilt nicht nur für Bilder, sondern genauso für Skulpturen oder Installationen. Kunst macht Räume lebendig und erzählt etwas. Sie verleiht ihnen Charakter.


Wann entsteht für dich eine gute Verbindung zwischen Kunst und Raum – und wann nicht?

Spontan würde ich sagen: Eine gute Verbindung entsteht dann, wenn Werk und Raum sich gegenseitig ergänzen. Das kann ganz praktisch sein – zum Beispiel, wenn die Proportionen stimmen und ein Bild nicht zu klein oder zu groß wirkt. Aber es geht auch um Atmosphäre: Wenn Farben, Formen und Themen in irgendeiner Weise mit dem Raum oder seiner Nutzung harmonieren, entsteht etwas Rundes.

Genauso kann es aber auch bewusst gewollt sein, dass ein Werk im Gegensatz zum Raum steht – ein Bruch, der Spannung erzeugt. Wichtig ist, dass es sich stimmig anfühlt, egal ob harmonisch oder kontrastreich. Wenn ein Kunstwerk einfach „nur hängt“, ohne Wirkung, ohne Bezug, dann ist die Verbindung nicht da. Dann bleibt es Dekoration. Und das ist nicht der Anspruch.



Gibt es ein Projekt, bei dem du besonders gemerkt hast, wie stark Kunst Atmosphäre schaffen kann?

Am deutlichsten merke ich das bei Fassaden, also bei großen Murals im öffentlichen Raum. Ein gutes Beispiel ist eine Fassade in Mönchengladbach, die ich vor rund zehn Jahren gestaltet habe. Sie war extrem farbenfroh – und stand plötzlich zwischen vielen grauen, beigen und weißen Häusern. Man hat sofort gesehen, was Kunst mit einem Ort machen kann. Ein komplettes Stadtbild wirkt plötzlich lebendiger, freundlicher, offener. Passanten bleiben stehen, schauen hoch, machen Fotos. Ein Haus, das vorher unscheinbar war, bekommt plötzlich eine ganz andere Ausstrahlung.

Solche Momente zeigen sehr klar, wie stark Kunst Atmosphäre verändert: Sie zieht Aufmerksamkeit an, bricht Monotonie, schafft Emotion – und macht den Raum für Menschen spürbar anders.


Was rätst du jemandem, der Kunst in seine Wohnung oder sein Büro integrieren möchte, aber nicht weiß, wo er anfangen soll?

Ganz ehrlich: Am Anfang sollte man einfach schauen, was einem gefällt. Viele machen sich direkt Gedanken über Wertsteigerung oder Wiederverkauf, aber das Wichtigste ist, dass ein Werk einen berührt. Man lebt damit, man sieht es jeden Tag – und es beeinflusst die Stimmung eines Raumes und auch die eigene.

Natürlich gibt es unterschiedliche Ansätze. Wer in einem höheren Preisbereich kauft, kann überlegen, ob ein Kunstwerk auch als Investment Sinn macht. Aber selbst dort würde ich sagen: Das Werk sollte zu einem passen. Kunst ist etwas sehr Emotionales. Wenn man ein Bild oder eine Skulptur auswählt, die einen wirklich anspricht, entsteht eine Verbindung – und damit auch die passende Wirkung im Raum.


Wenn du dir einen Raum in Düsseldorf aussuchen könntest, in dem eines deiner Werke dauerhaft hängen soll – welcher wäre das?

Mir fallen gerade keine konkreten Adressen ein, aber es gibt in Düsseldorf ein paar Fassaden, auf die ich richtig Lust hätte. Zum Beispiel in der Nähe vom Tanzhaus NRW, beim alten Post-Gelände. Dort entsteht ein Hochhaus-Komplex mit mehreren riesigen, weißen Fassaden – perfekte Flächen. Groß, glatt, sichtbar. Für einen Künstler sind das Traumwände.

Weil wir eben über Atmosphäre gesprochen haben: So wie Kunst einen Innenraum verändern kann, gilt das auch für den öffentlichen Raum. Ein großes Wandbild konfrontiert die Menschen automatisch damit – sie kommen gar nicht daran vorbei. Und es gibt einer Umgebung eine komplett neue Stimmung. Mir geht es meistens darum, etwas Positives in die Welt zu setzen – farbenfrohe, freundliche Energie. Auf solchen Flächen kann man das richtig spürbar machen.


Kunst verändert Räume und manchmal auch die Menschen, die sich darin bewegen. Steffen Mumm zeigt, wie aus Flächen Geschichten werden und wie Atmosphäre entsteht, wenn Kunst Teil des Lebens wird.


Ein Gespräch im Rahmen unserer Reihe voices by rok.


Weitere Einblicke in die Arbeiten von Steffen Mumm gibt es unter https://www.steffenmumm.com/


Fotos: Artur Freund

Interview: Robert Kollár, rok.

bottom of page